Ausführliche Geschichte der RlCHTERMÜHLE 

 

Obwohl im Jahre 1794 bei Saupsdorf bereits zwei Mahlmühlen vorhanden wa­ren (Waldmühle und Räumichtmühle), ließ der Erblehnrichter und Landschöppe Johann Christlieb Thiermann auf dem Grund und Boden des Erblehn­gerichtes noch eine weitere, dritte Mahlmühle bauen. Als die beiden seit langer Zeit tätigen Mahlmüller des Dorfes sich bei Beginn der Bauarbeiten beschwerdeführend an das Amt Hohnstein wandten und ein Verbot derselben forderten, weil sie nicht nur eine Schmälerung ihrer Einkünfte, sondern gar den Ruin ihrer Besitzungen be­fürchteten, veranlaßte der Erblehnrichter 54 Saupsdorfer, eine Gegenerklärung zu unterschreiben. In ihr wurde behauptet, daß die vorhandenen Mühlen nicht in der Lage wären, „die hiesigen Banck-Becker und zahlreichen Einwohner" mit dem erfor­derlichen Mahlgut zu versorgen. Da der Richter der reichste und mächtigste Mann im Dorfe war, dürfte es ihm nicht schwer gefallen sein, seine Dorfleute zu dieser Er­klärung zu bewegen. Im Frühjahr 1795 wurde jedenfalls der Amtmann von der kur­fürstlichen Regierung angewiesen, den Beschwerdeführenden (einer der Müller hatte inzwischen seine Beschwerde zurückgezogen) abzuweisen. Zu diesem Zeitpunkt war die Mühle des Erbrichters bereits in Betrieb.

Das oberschlächtige Mühlrad der Richtermühle wurde durch Wasser angetrie­ben, das ihm in einem Graben von der weiter hinten im Tal liegenden Waldmühle zugeleitet wurde. Uber die Straße floß es in einem hölzernen Gerinne, das auf ent­sprechend hohen Pfeilern lag.

Bei langanhaltender Trockenheit hatte die Richter­mühle ebenso wie die benachbarte Waldmühle unter Wassermangel zu leiden.


Die Mühle war allerdings nur ein Teil des Wirtschaftsbetriebes vom Saupsdorfer Erblehngericht. Zu ihm gehörten neben der Landwirtschaft noch der dabei befindliche Lehngerichtsgasthof im Dorf, die Bierbrauerei, das 1830 eingerichtete Kalkbergwerk mit dem Kalkofen und die ebenfalls seit etwa 1830 be­triebene Ziegelei. Aus des Pastors Leberecht Götzingers Buch „Die Beschreibung der sogenannten Sächsischen Schweiz“ von 1812 ist zu lesen, dass die Garnbleiche des Landschöppen Herrn Thiermann sehr bedeutend ist; auch sder Bruder des Landschöppen hat schon seit mehreren Jahren eine ansehnliche Fabrik und Handlung von gewirkten wollenen Strümpfen, Strumpfhosen und dergleichen ähnlichen Artikeln hier etabliert, mit welchen er sehr gute Geschäfte auch in das Ausland macht. 1851 wurde von Thiermann das erste Wirtshaus auf dem Wachberg erbaut (heute als Wachbergbaude benannt) und gleichzeitig ein 20 Meter hohes Aussichtsgerüst, den ersten Aussichtsturm in der Sächsisch-Böhmischen Schweiz. Der Lehnrichter verpachtete den Berghof.

Auch die Richtermühle ließen die jeweiligen Besitzer des Erblehngerichtes von einem Pachtmüller bewirtschaften. 

 

In den frühen Morgenstunden des 31. August 1862 brannte die Mühle ab. Vom Wohnhaus wurde jedoch nur das Dach teilweise beschädigt. Nachdem sich die Mühle bis zum Jahre 1868 im Besitz der Familie Thiermann befunden hatte, wechselte sie danach mehr als zehnmal ihren Besitzer. 

 

Bekannt ist, dass 1876 die Mühle in den Besitz eines Zweiges der Saupsdorfer Sturm-Familie gelangte. In dieser Zeit wird neben der Müllerei eine Bäckerei eingerichtet. Als Bäckermeister wird ein Karl Seibt genannt. Friedrich Emil Max Sturm übergibt 1905 an Gustav Emil Sturm  und dieser 1908 an seinen Sohn Fritz Sturm und dessen Ehefrau Selma.

 Im Jahre 1911 wurde durch die Amtshauptmannschaft Pirna die Erlaubnis zum Ausschank von Kaffee, Limonade, Obstwein und Bier erteilt. Zum Kaffee und zu den Getränken konn­ten die einkehrenden Gäste selbstgebackenen Kuchen und „echtes Roggenbrot, was die Gäste bervorzugen und das in anderen Wirtshäusern nicht zu bekommen ist“, essen. 

 

1920 erwirbt der Möbel- und Schuhfabrikant Gustav Aedtner aus dem Rabenauer Grund die Mühle. Neben der Müllerei und der Bäckerei richtet er wieder eine kleine Gaststube ein, in der er vom 1921 bis 1926 Kaffee, Kuchen und alkoholfreie Getränke verkauft.

1926 erfolgt ein Weiterverkauf an Gustav und Minna Hummel. 1927 kommt es zur Zwangsversteigerung.

 

1929 wird Albert Walter Kluge aus Graupa als neuer Besitzer genannt. Neben dem Mühl- und Bäckerbetrieb folgen nun noch eine Schuhmacherei und ein Bedarfsartikelverkauf.

 

Letzter Müller der Richtermühle war sein Sohn Fritz Kluge, der das in seiner Bäckerei gebackene Brot  in den umliegenden Ortschaften aus einem Planwagen heraus verkaufte. So berichtet rückblickend im Jahr 2018 die Nichte Brigitte Kluge davon, dass sie in der Zeit um 1946 herum auf dem Planwagen mitfahren und die damals erforderlichen Brotmarken bzw. Geld für das verkaufte Brot einsammeln durfte. Das Bild links Fritz Kluge mit seinem Sohn.

 

Am 8. September 1936 legte Fritz Kluge den Mühlenbetrieb still, die Bäckerei ließ er jedoch weiterlaufen, denn durch die günstige Lage hatte er einen sehr guten Absatz. 

 

 

 

In den Jahren des 2. Weltkrieges und in den Nachkriegsjahren war die Mühle inzwischen die letzte in Betrieb be­findliche Mahlmühle in Saupsdorf und Umgebung. 1946 wird der Mühlgraben zugeschüttet, das morsche Wasserrad abgebaut und eine Turbinendruckwasserleitung mit einer Zwölf-PS-Wasserturbine installiert. 

 

 

 

 

Die Müllerei lebte noch einmal für zehn Jahre auf und wird dann, mit der Bäckerei, 1956 endgültig eingestellt. Fritz Kluge zieht mit seiner Familie nach Ottendorf und wird selbständiger Taxifahrer.

 1959 verkauft Kluge die Mühle an die Komische Oper Berlin, die diese zum Ausbau als Ferieneinrichtung erwerben. Als deren Verwalter mit dem gesamten Geld nach West-Berlin flüchtet, schenkt die Oper das Anwesen 1962 der Gemeinde Saupsdorf. Die reißt alle Nebengebäude ab, baut 1965 zwei weitere Wohnungen ein und nutzt das Gebäude als Mietshaus. Etwa 40 Jahre später wird die Richtermühle durch die Gemeinde verkauft und in private Hände gegeben.

 Seit diesen Jahren wurde die Richtermühle als Wohnhaus mit  Ferienwohnungen und nach einer umfassenden Sanierung in 2015 bis 2016 des gesamten Gebäudes einschließlich dem Areal wird ab 2017, also nach etwa einhundert Jahren Pause, wieder zusätzlich eine kleine Gaststätte betrieben.